Tag-Archiv | Lebensmittelretten

Containern zukünftig erlaubt?

Das erste Mal containerte ich im Jahre 2007, nachdem ich einen Artikel darüber in einer alternativen Zeitschrift gelesen hatte. Darin war die Geschichte beschrieben, wie ein Mann zum Containern kam. Aber von wegen Containern. Das Wort war damals noch gar nicht so weit verbreitet. Damals hieß es Dumpstern, wenn ich mich recht erinnere. Das Wort Containern kam erst später in den allgemeinen Sprachgebrauch.

Ich war jedenfalls neugierig, nachdem ich den Artikel gelesen hatte, und probierte es mal aus. Ich schaute einfach erstmal beim Bioladen, dann bei anderen Geschäften, an denen ich einmal rundherum ging, um zu schauen, wo eine Mülltonne steht. Und dann schaute ich rein, was da so alles drin ist. Und nahm nur heraus, was ich davon haben wollte.

Was im Artikel stand, stimmte, nämlich, dass es gar nicht so eklig ist wie in der Vorstellung. Damals containerte ich noch nebenher und hatte noch keine Vorstellung davon, dass ich mich in der Zukunft viele Jahre fast ausschließlich von containerten Lebensmitteln ernähren würde.

Das kam dann, als ich das Experiment machte, ein Jahr lang ohne Geld zu leben, an denen sich noch weitere acht Jahre anschlossen, die ich mit so wenig Geld wie möglich lebte. Das waren im Durchschnitt 150,- Euro im Monat. Da war ich sehr dankbar dafür, von dem Müll der modernen Zivilisationsgesellschaft leben zu können.

Denn: 40-50% der in unseren Breiten produzierten Lebensmitteln werden weggeworfen. Da gehen die Zahlen etwas auseinander.

Das an sich ist schon eine Katastrophe. Ich glaube, jeder Mensch spürt innerlich, dass das nicht in Ordnung ist. Überhaupt nicht in Ordnung. Wenn auf der einen Seite der Welt Menschen verhungern und auf der anderen Lebensmittel weggeworfen werden oder erst gar nicht geerntet werden. Das Problem sitzt tief und ist strukturell bedingt; es liegt an dem ausbeuterischen System, in dem wir leider bis heute immer noch leben. Da wird den Armen genommen und den Reichen gegeben. Normal sollte es umgekehrt sein. Die Reichen, also die, die haben, sollten denen geben, die wenig haben und alles dransetzen, alles unter alle zu verteilen.

Denn: Die Menschen haben weder die Erde erschaffen, in die die Samen gelegt werden und in der die Nahrungsmittel wachsen, noch das Wasser, noch die Sonne, durch die sie wachsen.

Lebensmittel gehören eigentlich Mutter Erde, die sie wachsen und gedeihen lässt, ebenso wie sie den Platz für den Anbau zur Verfügung stellt. Ohne Mutter Erde hätte der Mensch gar nichts. Und Mutter Erde würde nie einen Teil ihrer Kinder verhungern lassen, nur weil sie kein Geld haben. Mutter Erde sorgt normal für all ihre Kinder und würde alles gerecht verteilen. Wer viel hat, dürfte viel geben; wer wenig hat, gibt wenig; wer gar nichts hat, gibt gar nichts. Das wäre, wie Mutter Erde handeln würde, davon bin ich fest überzeugt!

Wenn sich also die Damen, Herren und Diverse nun im Bundestag überlegen, das Containern straffrei zu machen, dann ist das ein Schritt hin zu einer Korrektur von etwas, das sowieso vollkommen falsch ist; aber es verschweigt, dass dahinter eine viel größere Katastrophe steckt, nämlich, dass derzeit viele Supermärkte, bei denen man früher containern konnte, richtige Burgen um ihre Mülltonnen bauen, damit keiner mehr an den Müll rankommt. Das geschieht gerade an verschiedenen Orten und ich frage mich gerade, ob da die grauen Eminenzen dahinter stehen, die sonst auch meinen, die Geschicke unserer Welt leiten zu müssen.

Frankreich ist da viel weiter. Es hat uns Deutsche im Bewusstsein darüber, wie mit Müll sinnvoll umgegangen wird, um Längen überholt. In Frankreich ist Müll meines Wissens (und ich habe jahrelang in Frankreich gelebt) Allgemeingut. So sollte es auch sein. Müll sollte allen zur Verfügung stehen.

Frankreich hat auch schon vor ein paar Jahren ein Gesetz entworfen, dass Lebensmittel, die nicht mehr verkauft werden, an Arme abgegeben werden müssen. Inwieweit das umgesetzt wird, ist eine andere Frage. Die Sache ist die: Das wäre das Richtige.

Wie schon zuvor gesagt: die Lebensmittel gehören eigentlich Mutter Erde und all ihren Kindern. Sie gehören eigentlich allen.

Die Tatsache, dass manche sich damit beschäftigt haben, die Nahrungsmittel zu produzieren, zu verpacken und in Supermärkten zu verkaufen, sagt nichts über die eigentlichen Verhältnisse aus.

Der Ärmste ist derjenige, der nicht teilen kann. Wie arm ist derjenige, der noch an seinem Müll festhält und ihn nicht loslassen und mit Bedürftigen teilen kann? Das reichste Land der Erde (oder eines der reichsten Länder) wird so zu einem der ärmsten Länder.

Ich dachte früher immer, dass die Menschen, die ihren Müll nicht loslassen können, wohl, um mit Freud zu sprechen, in der Analphase stecken geblieben sind. Wie ein Kind, das sein Kacka nicht Loslassen will.

Wenn ein Bundestag also darüber entscheidet, containern straffrei zu machen, dann zeigt das nur etwas, was jahrelang verkehrt war.

Richtig wäre für mich, den Müll auch in Deutschland per Gesetz als Allgemeingut zu erklären und zwangsläufig auch zur Verfügung zu stellen. Super und richtig wäre meines Erachtens noch viel mehr, nämlich wenn es sogar Regale oder ähnliches gäbe ­- in den so wunderbar neu gebauten Müllburgen -, in die man die abgelaufenen Lebensmittel so legen würde, dass bedürftige Menschen sie noch besser mitnehmen könnten. Mit dem Zurverfügungstellen aller noch essbaren, wenn auch abgelaufenen Nahrungsmittel und einem generellen Verbot, sie wegzuschließen, würden wir Menschen unserer Aufgabe als vernunftbegabte Wesen, sich für das Wohl aller einzusetzen, endlich ein ganzes Stück mehr gerecht werden.

Hier drei interessante Beiträge zum Thema Lebensmittelverschwendung:
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> https://www.telepolis.de/features/Straffreies-Containern-kein-Ende-der-Debatte-in-Sicht-8974169.html
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> https://www.telepolis.de/features/Gesetz-gegen-Lebensmittelverschwendung-Essen-retten-aber-wie-8973798.html
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> https://www.telepolis.de/features/Wird-Containern-bald-straflos-8974620.html
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